Amanda Arnaud – Eine Berner Ballerina in Amerika

Die Berner Balletttänzerin Amanda Arnaud lebt seit fast 8 Jahren in den USA, um ihrer Leidenschaft – dem Ballett – nachzugehen. Wir hatten das Vergnügen, mehr über den aussergewöhnlichen Lebensweg unserer langjährigen Stammkundin zu erfahren. Sie hat sich nämlich erst mit 14 Jahren fürs Profi-Ballett entschieden. Im Interview berichtet sie über ihre tänzerische Vergangenheit in Bern, ihre Arbeit in den USA und was sie jungen Tanzschüler:innen rät, die eine Profi-Tanzkarriere anstreben. Seit 2021 tanzt sie beim Russian Ballet Orlando in Florida.

(Folge Amanda auf Instagram: instagram.com/amandichka_)

Ballett Shop Bern: Seit fast 8 Jahren lebst du bereits in den USA. Was bewegte dich zu diesem grossen Schritt und möchtest du dort bleiben? 

Amanda Arnaud: 2016 erhielt ich ein Stipendium für einen Sommerkurs an der renommierten Joffrey Ballet School in New York. Während meines Aufenthaltes dort entschied ich mich spontan dazu an der Gelsey Kirkland Academy vorzutanzen – mit Erfolg. Mir war klar, dass dies eine einmalige Chance ist und entschied mich dazu den Studienplatz anzunehmen. Gelsey ist eine Legende und Inspiration. Sie als Direktorin zu haben und täglich mit ihr arbeiten zu dürfen war mir eine grosse Ehre. Mein Abschluss an dieser Akademie öffnete mir die Tür zu Kompanien in den USA. Obwohl ich bereits mehrere Jahre dort tanze und es inzwischen mein zu Hause geworden ist, fühle ich mich nicht an die USA gebunden. Solange ich meiner Leidenschaft nachgehen kann, spielt es für mich keine Rolle wo ich lebe. Fürs Ballett würde ich überall hinziehen. 

Welche persönlichen Hürden musstest du überwinden um dein Ziel zu erreichen?

Ich entschied mich erst sehr spät dazu, klassisches Ballett professionell auszuüben. Ich betrieb sehr intensiv und wettkampfmässig Jazztanz bevor ich mit 14 Jahren in Richtung Ballett umlenkte. Es war schwierig und erforderte hundertprozentige Hingabe, da ich sehr viel nachholen musste. Ausserdem hatte ich mit körperlichen Hindernissen zu kämpfen. Ich hatte keinen «Ballettkörper» von Natur aus und musste mir daher vieles mit hartem Training selber erarbeiten.

Seit 2021 tanzt du beim Russian Ballet Orlando in Florida. Wie bist du zu dieser Kompanie gekommen und welche sind deine bisherigen Lieblingsballette und Traumrollen?

Im Sommer 2021 bewarb ich mich bei dieser Kompanie um im Ballett Schwanensee mitzutanzen. Der Sommer dort war eine wunderschöne Zeit und ich genoss einfach alles. Meine Leistung während dieser Zeit hat meine Direktorin überzeugt und sie bot mir einen dreijährigen Vertrag an. So entschloss ich mich dazu, dieses einmalige Angebot anzunehmen. Ich geniesse jede Produktion an der wir arbeiten und aufführen, doch zu meinen liebsten gehören Esmeralda, Carmen, Romeo & Julia und Coppelia. Als Solistin verkörperte ich die Rollen von Cupid in Don Quichotte, Aurora in Dornröschen, Diana & Acteon in Esmeralda, Dawn in Coppelia und die Schneekönigin im Nussknacker. Des Weiteren tanzte ich den Pas d’Esclave aus Le Corsaire und den Pas de Trois im Schwanensee. Mein bisher aufregendster Auftritt war eine Gala in Melbourne, Florida an der ich mit meinem Tanzpartner den bekannten Flames of Paris getanzt habe. Da dieser Pas de deux technisch und künstlerisch unglaublich herausfordernd ist, war dieser Auftritt ein Höhepunkt meiner Karriere bisher. Meine Traumrollen sind Giselle aus dem gleichnamigen Ballet und Julia in Romeo & Julia

Wie war deine vor-professionelle Tanzausbildung in Bern und welche Art von Unterstützung hast du von deinen verschiedenen Ballettschulen und dem Gymnasium erhalten? 

Meine gesamte Schulzeit und vor-professionelle Tanzausbildung in Bern waren sehr intensiv, anstrengend und herausfordernd. Ich erinnere mich daran, dass ich von Training zu Training gerannt bin, zwischendurch zur Schule und wieder ins Training. Ich war an mehreren Ballettschulen angemeldet, um mehrmals täglich trainieren zu können. Ich besuchte das Sportgymnasium an der Feusi und war sehr dankbar dafür, dass ich zusätzlich zum reduzierten Stundenplan Dispensationen erhielt, um pünktlich in die Ballettstunden zu kommen. Meine Ballettlehrer:innen unterstützten mich in jeder Hinsicht. Ich erhielt kostenlose Privat- und Zusatzstunden und fühlte mich immer sehr gut aufgehoben und in besten Händen. Auch hatte ich oft die Möglichkeit aufzutreten und damit Bühnenerfahrung zu sammeln. Meine schönste Erinnerung ist, die Hauptrolle in Cinderella der Tanzschule Tanzpalette Belp getanzt zu haben.

Was würdest du jungen Tanzschüler:innen raten, die eine professionelle Tanzkarriere anstreben? 

Glaub an dich! Klingt simpel, ist aber entscheidend für jede Art von künstlerischer Karriere. Niemand wird dir sagen können, ob du es schaffst oder nicht, das liegt alleine an dir. In unserem Beruf gibt es viele Neider:innen und du darfst dich nicht beeinflussen lassen von Leuten, die dich scheitern sehen wollen. Es ist wichtig, Trainer:innen und Lehrpersonen zu finden, die an dich glauben und dich erfolgreich sehen wollen. Ignoriere jede Entmutigung und fokussiere dich auf dein Ziel, egal wie viele Hürden dir in den Weg gelegt werden.

Was sind deine Interessen ausserhalb vom Ballett? Hast du Träume und Ziele für nach der Tanzkarriere? 

Wenn ich nicht gerade im Ballettsaal bin, halte ich mich gerne in der Natur auf oder bin künstlerisch aktiv mit Malen oder Basteln. Ich kreiere meinen eigenen Schmuck und ziehe im Winter schöne Kerzen. Ich habe vor ein paar Jahren mit dem Psychologiestudium begonnen, auch Ernährungswissenschaften interessieren mich sehr. Ganz allgemein ziehen mich Gesundheitsberufe an, weshalb ich nach meiner Tanzkarriere am liebsten Medizin studieren würde.

AMANDA UND DER BALLETT SHOP BERN

Wie ist deine Beziehung zum Ballett Shop Bern? Hast du als langjährige Kundin Erinnerungen, die du mit uns teilen möchtest? 

Der Ballett Shop war schon immer mein Lieblingsladen in Bern. Bereits als kleines Mädchen war ich begeistert von all den schönen Kleidern. Ich erinnere mich noch, als ich das erste Mal bei euch war, damals noch an einem anderen Standort. Als 7-jährige kaufte mir meine Mutter ein rosa Tutu, das mir natürlich viel zu gross war. Ich trug es im Ballettunterricht und weinte in einer Stunde weil meine Lehrerin mir sagte, dass Tutus nur für Auftritte auf der Bühne gedacht sind und nicht für den Unterricht. Es machte mich traurig in dem Moment, gab mir aber den Ansporn, es später einmal auf der Bühne zu tragen. Wann immer ich jetzt den Ballett Shop besuche und die kleinen Tutus von der Decke hängen sehe, fällt mir diese Geschichte wieder ein und spornt mich an weiterzumachen.

Hast du Vorlieben, was Ballettkleidung angeht und welche Spitzenschuhe trägst du? 

Am allerliebsten trage ich Samt-Trikots. Ich habe in meiner Karriere verschiedene Spitzenschuhe ausprobiert, über Grishko und Gaynor Minden bis hin zu Bloch und Freed. Ich habe meine idealen Spitzenschuhe gefunden: Grishko 3007.

AMANDA'S TANZERFAHRUNG

In Bremgarten bei Bern aufgewachsen, fing Amanda im Alter von 6 Jahren an, im City Studio Halamka in Bern unter der Leitung von Ivana und Juri Halamka zu tanzen. Aus anfänglicher Freizeitaktivität wurde schnell mehr und Tanzen wurde ihre grosse Leidenschaft und ihr wichtigster Lebensinhalt. Als Jugendliche besuchte sie das Sportgymnasium in Bern und trainierte an mehreren Ballettschulen gleichzeitig, darunter das Ballett Studio Spiegel, die Tanzpalette Belp, die New Dance Academy und das City Ballett Halamka-Otevrel. Sie war ebenfalls Schülerin der Danse Suisse Förderklasse in Bern. Erfolgreich absolvierte sie das höchste Royal Academy of Dance (RAD) Examen und erreichte die Schweizermeistertitel im Jazz & Modern Dance 2009 und 2010. Nach erfolgreichem Abschluss der Matura wurde sie an der Gelsey Kirkland Academy in New York zur klassischen Balletttänzerin ausgebildet.

Seit ihrem Abschluss 2018 tritt sie mit verschiedenen Kompanien in den USA auf. Ihr erstes Engagement war ein Vertrag mit dem United States International Ballet in North Carolina. Nach ihrer ersten Spielzeit dort nahm sie ein Angebot mit dem New York Dance Project in New York an und absolvierte gleichzeitig ein Studienjahr am bekannten Steps on Broadway. Seit 2021 tanzt sie als Solistin beim Russian Ballet Orlando in Florida. In über zehn verschiedenen klassischen Balletten hat sie bereits mitgewirkt, unter anderem in Schwanensee, Nussknacker, La Bayadere, Esmeralda und Don Quichotte.

Wir sind gespannt, wo Amanda’s Ballettkarriere sie in Zukunft hinführen wird und wünschen ihr auf ihrem Weg viel Erfolg. 

[Fotos: Alle Bilder von Rachel Neville]
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