«Stepptanz ist eine nie ausgeschöpfte Kunstform»

Er ist mehrfacher Weltmeister im Stepptanz, Choreograf, Lehrer und – unser Kunde. Wir trafen den Winterthurer Daniel Borak zu einem Gespräch über die Vielseitigkeit des Tap Dance – einer Kunstform, die für Daniel mehr ist als ‚nur’ Tanz.

 

Daniel, dein Engagement für den Stepptanz ist sehr vielseitig. Wie lässt sich deine Leidenschaft für diese Tanzform erklären?

Stepptanz, das sind zwei Welten, die aufeinanderprallen: diejenige des Tanzes und die der Musik. Ein Stepptänzer ist nicht nur ein Tänzer, sondern gleichzeitig auch ein Musiker – ein Fuss-Perkussionist. Es fasziniert mich, dass das Steppen in sich ein akustisches und zugleich visuelles Erlebnis ist.

Tanz und Klang in einem. Ist es das, was Stepptanz für dich einzigartig macht?

Genau. Die Welt des Tanzes und die der Klänge – das sind zwei Universen, die beide unendlich viel kreativen Raum bieten, in dem man sich künstlerisch austoben kann. Man hört nie auf nach Neuem zu suchen und Neues zu entdecken: sei es musikalisch oder tänzerisch, sei es durch Improvisation, durch Choreografie oder durch Komposition. Stepptanz ist eine nie ausschöpfbare Kunstform. Für mich ist sie grenzenlos.

Du bist in verschiedenen Tanzformen ausgebildet…

Ich habe eine Ausbildung an der Zürcher Tanz-Theater-Schule ZTTS absolviert, während der ich in Ballett, Jazz, Modern, Hip-Hop, Flamenco, Feldenkrais, Pilates und Choreografie unterrichtet wurde. Diese Ausbildung hat mich tänzerisch und choreografisch extrem positiv beeinflusst.

Würdest du sagen, dass der Stepptanz die vielseitigste Tanzform ist?

Ich liebe sehr viele Tanzformen und habe vor ihnen allen den grössten Respekt. Die Möglichkeiten in jedem Stil sind natürlich für sich grenzenlos und unendlich. Für mich persönlich gehören aber die perkussiven Tanzformen zu den vielseitigsten, da sie, wie schon gesagt, die tänzerische und die musikalische Ebene verbinden. Diese Stile erlauben uns die irrsinnigsten Experimente.

«Es fasziniert mich, dass das Steppen in sich

ein akustisches und zugleich visuelles Erlebnis ist.»

Hast du ein konkretes Beispiel?

Im Projekt «9-Point Inc. – Kick The Square» muss ich nach Noten tanzen, die der Komponist Kilian Deissler für mich geschrieben hat. Dies auf einer Klangbühne, bestehend aus verschiedenen Oberflächen, die verschieden klingen. Da bin ich als Stepptänzer klar Musiker. Hingegen werden bei Projekten wie «WINGS by Rigolo», «Funny Feet» oder «Stylize» Artistik, Jonglage oder Breakdance mit Stepptanz kombiniert. Dort geht es dann auch um einen visuellen und tänzerischen Anspruch.

Man sagt dir nach, dass du einen ganz eigenen Stil verkörperst…

Ich denke, jeder Stepptänzer hat einen eigenen Stil. Es ist nur logisch, dass man mit der Zeit als Berufstänzer seinen eigenen künstlerischen Dialekt entwickelt. Ich hatte das Glück, dass ich schon mit 13 Jahren anfangen konnte, meine eignen Schritte zu basteln. So traf ich auch schon meine ersten choreografischen Entscheidungen. Wichtig bei diesem Prozess war unsere Schule und meine Mutter, die meine erste Lehrerin war. Sie hat mir die Grundlagen beigebracht, mir aber sehr viel Freiraum zum Ausprobieren gelassen.

Ist das etwas, das du heute als Lehrer deinen Schülerinnen und Schülern ebenso weitergibst?

Unbedingt. Sie sollen so viel ausprobieren dürfen, wie nur möglich. Alles ist erlaubt. Natürlich ist es zunächst wichtig, unsere alten Meister zu ehren, die Traditionen und Grundlagen gut zu vermitteln. Aber genauso notwendig finde ich es, die individuelle Kreativität und die Neugier zu fördern. Nur durch neue Ideen des Nachwuchses kann die Kunstform Stepptanz kontinuierlich wachsen.

Vergangenes Jahr hast du ein Stepptanz-Festival in Winterthur veranstaltet. Werden weitere folgen?

Für den Moment bleibt das eine einmalige Sache. Ich habe es noch nicht einmal geschafft, das ganze Video-Material zu verarbeiten. Dieses Festival diente mir als Abschiedsfest, vor meiner Abreise in die USA. Ich kann mir aber durchaus vorstellen im Jahr 2020, wenn mein USA-Visum abgelaufen sein wird, wieder ein Festival auf die Beine zu stellen. Dann vielleicht in einem grösseren Rahmen und in Zusammenarbeit mit Regine Ochsner vom Zurich Tap Festival.

Du weilst seit letztem Jahr immer wieder in den USA als Artist in Residence, wo du dich am Chicago Human Rhythm Project engagierst. Erzähle uns mehr darüber.

Bei dem Chicago Human Rhythm Project, eine der grössten Stepp-Organisationen in Chicago, geht es um Rhythmus und Stepptanz in seiner vielfältigsten Form. Meine Aufgabe ist es unter anderem, neue Stücke zu choreografieren, Tänzer dafür auszuwählen, mit ihnen zu proben und mit ihnen aufzutreten. Und bei all dem darf ich noch extrem viel von ihnen dazulernen, denn das Niveau der Stepptänzer in Chicago ist unglaublich hoch. Bei meinen Stücken probiere ich weiterhin immer wieder Neues, zurzeit sind es Kombinationen von Stepptanz mit anderen Tanzformen, wie dem Hip-Hop oder dem Modern Dance. Die Stepptänzer müssen dabei alle diese Stile tanzen.

«Auch Stepptanz sollte

als Hochschul-Disziplin bestehen.»

Kommen wir zur Ausrüstung: Die Steppschuhe sind dein wichtigstes Werkzeug. Worauf achtest du beim Kauf?

Nun, jeder Fuss ist anders. Worauf zu achten ist, muss jede Tänzerin und jeder Tänzer für sich herausfinden. Wichtig ist, dass man sich Zeit nimmt und die Schuhe gut anprobiert. Deshalb komme ich auch so gern in den Ballett Shop Bern, weil ich bei dieser Auswahl immer den perfekten Schuh finde.

Gibt es einen bestimmten Steppschuh, den du bevorzugst?

Ich persönlich bevorzuge Steppschuhe mit durchgehender Sohle gegenüber den Split-Sole-Schuhen. Sie haben die bessere Klangqualität und natürlich mehr Gewicht. Das ist wichtig für die Ausführung der Schritte und Rhythmen. Es gibt aber auch Tänzerinnen und Tänzer, die das anders sehen.

Eine Frage noch zur Ausbildung: Wie bewertest du die Stepptanz-Schulen in der Schweiz?

Das Niveau in der Schweiz ist sehr gut und ich bin sehr stolz darauf, ein Teil der Schweizer Stepptanz-Familie sein zu dürfen. Ich stehe mit allen grossen Schulen in freundschaftlichem Kontakt und kann wirklich jede empfehlen. Nur eine Sache fehlt mir noch: die Anerkennung im Hochschulumfeld. Wenn wir Lehrangebote an Kunsthochschulen in Musik, Ballett und zeitgenössischem Tanz haben, dann sollte auch Stepptanz als Hochschul-Disziplin bestehen. Vielleicht gelingt es uns einmal, dies zu realisieren. Mit vereinten Kräften aller Schweizer Stepptanzenden.

Tap Dan’s Art Borak

 

Infobox In unserem Laden findet ihr eine grosse Auswahl an Steppschuhen. Wir beraten euch gern. Als Ergänzung zum Interviewbeitrag, haben wir euch eine Auswahl an Tap Dance Schulen aus der Schweiz zusammengestellt:

– Dance Studio Borak, Winterthur

– Backstage Studio, Zürich

– Bounce Tap, Bern

– Tanzwerk, Basel

– Planet Dance Martin, Lausanne

– Bartdak & Dance Area mit Daniel Leveillé, Genf

– Dance Stop Center, Schaffhausen

– Rhythm and Tap School, Oerlikon

– Centre Rythme Danse von Lukas Weiss, Biel

– Tapmagic von Heidi Michel, Bern

– Danse Martinelli von Rebecca & Olivia Grobéty

[Text: Maja Hornik] [Bilder: © Daniel Borak]

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